Harlem am Main

Diese musikalische Zeitreise in die jüngere Geschichte Frankfurts hatte es in sich.

Texte, historische Fotodokumente des Stadtarchivs, und dazu – na klar – vitale und pulsierende Live-Musik. Das waren die Zutaten, die einen ganz besonderen Abend im gut gefüllten Haus möglich machten. Im Fokus stand die Frage „Wie hat sich der Jazz in Frankfurt ab Mitte der 1930er Jahre entwickelt“ und wie kam es zur Geburt des Jazzkellers 1952? Quasi aus einer jugendlichen Subkultur heraus, in der der Geist von Freiheit und Kreativität lebte, entwickelte sich kontinuierlich ein Trend mit einer immer stärker werdenden Leidenschaft für diese „Neue Musik“. Muff und Staub der deutschen Einheitskultur wurden vom Jazz buchstäblich hinweggefegt.

Hr-Moderatorin Karmen Mikovic las mitreißend Texte aus der Erzählperspektive einiger Mitglieder der „Harlem-Combo“, so wie sich die jungen jazzbegeisterten Jugendlichen aus Frankfurt damals selbst nannten. Historische Plätze im Vorkriegs- und Nachkriegs -Frankfurt lebten wieder auf und zeigten die Mainmetroploe im Kleid der späten 1930er Jahre, aber auch in der Zeit während des Zweiten Weltkriegs mit zum Teil schaurigen Bildern aus der Nazi-Vergangenheit. Die aus Praunheim stammenden berühmten Mangelsdorff-Brüder, Horst Lippmann und der Trompeter Carlo Bohländer spielten eine zentrale Rolle in jenen Jahren. Ursprünglich noch als  domicile du jazz firmierend wurde der Jazzkeller 1952 vom Trompeter Carlo Bohländer in der damals zerbombten Kleinen Bockenheimer Straße Nr. 18a gegründet und ward von da an nur noch als „der Keller“ bekannt. GIs und Einheimische fanden zusammen, um der neuen Musik zu huldigen.

Comic-Zeichnungen des Frankfurter Künstlers Manuel Tirrano ergänzten einzelne Lebenssituationen der geschilderten Protagonisten, die den Geist der Freiheit schon in jungen Jahren schätzten. Damals war Frankfurt das Herz der Jazzwelt in Deutschland. Zum Glück gibt es den „Keller“ heute noch. In die Kleine Bockenheimer Straße zieht es bis heute die Jazz-Fans. Besondere Auftritte von international renommierten Musikern+innen stehen immer wieder auf dem Spielplan. Ein Kultort eben, dieser Jazzkeller.

Michael Heinz