Ich, ein Jud

Samstagabend, ein Höhepunkt im Eschborn K: Musik und Sprache, wohlvereint. Zu genießen war die die Lesung mit dem Frankfurter Schauspieler Isaak Dentler unterstützt von zwei hervorragenden Jazz-Musikern. „Ich, ein Jud“, diese Veranstaltung lieferte den nicht zum Fasching geneigten Besuchern ein wohl besonderes Highlight …! Das Format: Eine Konzertlesung.

Basis und Ausgangsmaterial für diesen Abend ist die Publikation des deutschen Altphilologen und Schriftstellers Walter Jens zur biblischen Überlieferung, wonach Judas ein Verräter ist. Die Überlieferung seit nunmehr 2000 Jahren hält daran fest und ist über mehrere Metaphern auch in unsere Alltagssprache gewandert. Judas war und ist ein Verräter. Wie, wenn es anders zu sehen ist, wenn das Geschehen mit anderen Augen betrachtet, einen womöglich andersartigen Verlauf der Weltgeschichte insbesondere der Religionsgeschichte und der Glaubensspaltungen und der religiös bedingten Glaubenskriege bewirkt hätte? Walter Jens fragt also: War es Gehorsam oder Verrat?

Dieser Text ist die Verteidigungsrede des Judas Ischarioth. Ungemein kraftvoll und enorm nuancenreich von Isaak Dentler rezitiert. Dentler ist Zuschauern vom Frankfurter Schauspiel aber auch von manchen ARD-Tatort-Krimis bekannt. Mal laut, mal leise, mal weinerlich, mal auftrumpfend, alle Register eines großartigen Rezitators bedienend, schaffte es Dentler, dem Publikum im K einen durch und durch intensiven Abend zu bescheren. Und die besonders präparierte Bühne hatte feine Zutaten bereit: Ein in rötlichem Licht schimmernder Bühnenbereich, zwei Lampen und Lichtinstallationen, die die Szene gewissermaßen in ein „Fegefeuer-artiges“ Licht tauchten. Dazu jazzige und sphärische Klänge, die – gekonnt gespielt und fein dosiert – Drama und Spannung vorantrieben, beigesteuert von den beiden wunderbaren Musikern Max Mahlert und Tim Roth.

Fazit: Theater- und Jazzliebhaber kamen voll auf ihre Kosten.

Michael Heinz